Samstag, 18. Januar 2014

Lasst sie doch mal machen!

Ich bin der Meinung, dass wir uns mehr von unseren Kindern abschauen müssen und sie auch einfach mal machen lassen sollten. Vor Kurzem beobachtete ich auf dem Schulhof eine Situation, die mich erst mal ärgerlich machte. Unser Schulhof ist momentan mehr Baustelle, als alles andere. Und so kam es das der Ball, mit dem gerade drei Jungs spielten, hinter den Zaun auf die Baustelle unter einen Stapel Bretter fiel. Eine Lehrerin stand direkt daneben, machte aber keinerlei Anstalten den Jungs zu helfen. Mein erster Gedanke: "Warum hilft die denn nicht. Ist doch viel zu gefährlich, so an der Baustelle." Fakt war aber, dass die Jungs nicht auf die Baustelle konnten, wegen des Zauns. Also beobachtete ich weiter und änderte meine Meinung. Die Jungs ließen sich allerlei kuriose Dinge einfallen, um an ihren Ball zu kommen und schafften es tatsächlich. Ich sah aber auch, dass die Lehrerin aus dem Augenwinkel einen Blick auf das Geschehen hatte und genau beobachtete, dass die Jungs sich nicht in Gefahr brachten.

Ich selbst lasse meine Kinder auch oft machen. Meist sicher aus Bequemlichkeit oder weil ich nicht ständig parat sein will. Und so kommt es eben, dass meine Kinder recht selbstständig sind und sich schon ganz schön viel zutrauen. Im Sommer, Rabentochter war etwa 2 3/4 war, saßen wir auf dem Marktplatz in der wärmenden Nachmittagssonne. Rabentochter wollte unbedingt eine Brezel. Ich aber wollte meinen schönen Sonnenplatz nicht aufgeben. Und so sagte ich zu ihr, dass sie sich ihre Brezel doch selbst beim Bäcker holen solle. Sicher mehr in der Hoffnung, dass sie Nein sagt und nicht weiter danach fragt. Aber Rabentochter dachte gar nicht daran auf ihre Brezel zu verzichten und sagte, dann brauche sie aber Geld. Ich war doch etwas überrascht und mich beschlich ein mulmiges Gefühl.  Unser Marktplatz nicht gerade klein und der Bäcker befand sich von unserem Platz aus gesehen am anderen Ende. Aber immerhin in Sichtweite. Also drückte ich ihr einen Euro in die Hand, sagte ihr, dass sie noch Geld zurück bekommen würde und sie zog los. Ich wendete den Blick nicht von ihr ab, denn ganz überzeugt war ich nicht von meiner Handlung. Vor allem als sie dann im Laden verschwand und somit aus meinem Blickfeld. Es dauerte gefühlte Stunden, bis Rabentochter wieder aus der Ladentür trat. Voller stolz wedelte sie mit ihrer Brezeltüte und schrie über den ganzen Platz: "Mama, ich hab' Geld!" Alles richtig gemacht. Sonnenplatz nicht aufgegeben, Kind stolz und glücklich gemacht. Und so eine selbst erworbene Brezel schmeckt doch gleich noch mal so gut.

Und dann gibt es eben auch diese Übermütter. Die ihrem Kind nichts zutrauen, ihnen alles abnehmen und immer sagen: "Nein, das kannst du noch nicht!" Bei uns im Kindergarten gibt es auch so ein Exemplar. Die Tochter ist inzwischen sechs und die Mutter zieht ihr immer noch die Schuhe und die Jacke an und aus. Auch beim Rutschen und Klettern steht die Mutter daneben und hält Händchen. Auf meine Frage, warum sie ihre Tochter nicht mal machen lassen würde, kam nur die Antwort: "Sie kann das noch nicht alleine!" Auch bei Freunden spielen geht nicht, da das Kind ja nicht alleine bei fremden Leuten bleibt. Ich glaube aber nicht, dass das Kind das "Problem" ist, sondern, dass die Mutter viel zu viel Angst hat, die Kontrolle über ihr Kind zu verlieren und ihm deswegen nichts zutraut. Ich kann verstehen, dass man seine Kinder vor Gefahren schützen will. Das will ich auch. Aber wenn ich meine Kinder nicht zur Selbstständigkeit erziehe und somit auch nicht dazu ihre Grenzen auszutesten und Gefahren selbst zu erkennen und somit auch einschätzen zu können, dann kann ich sie auch nicht schützen.

Ich kann allen Übermüttern nur raten, versucht es mal als Rabenmutter. Ist ganz einfach. Und es tut nicht nur euch gut, sondern vor allem euren Kindern!!