Donnerstag, 28. November 2013

Dr. Jekyll und Mr. Hyde - Die zwei Seiten meines Rabensohnes

Liebe Mütter dieser Welt, ihr kennt das vielleicht auch, eigentlich wünschen wir uns ein gut erzogenes Kind, welches sich bei Tisch zu benehmen weiß und immer brav "Bitte" und "Danke" sagt. Die Wirklichkeit sieht dann aber meist so aus: Am Tisch wird gezappelt, die Haltung der Gabel lässt vermuten, dass die Kinder gerade im Stall beim Ausmisten geholfen haben und im Befehlston wird Wasser, Brot oder Sonstiges von einem verlangt. Was habe ich in den letzten sechs Jahren gepredigt. "Bitte stütz deinen Ellbogen beim Essen nicht auf!", "Schmatz nicht!", "Erst Mund leer machen, dann sprechen!", "Sag bitte Guten Tag!", "Wie heißt das - D_A_N_K_E!", usw, usw, usw. Aber anscheinend haben meine Kinder ein Gedächtnis wie ein Sieb. Nichts davon wird umgesetzt.

Und wenn mein Rabensohn eine Einladung zu einem Freund bekommt, läuft es mir heiß und kalt den Rücken runter - ich kann doch diesen Flegel nicht auf die Gesellschaft loslassen. Überwinde mich dann aber doch und lasse ihn ziehen. Mit eingezogenem Kopf und auf das Schlimmste gefasst, was für ein unmögliches Kind ich doch in die Welt gesetzt habe, mache ich mich auf, den Rabensohn wieder abzuholen. Freudestrahlend werde ich an der Tür in Empfang genommen: "Also Ihr Sohn, das ist aber ein ausgesprochen höflicher und lieber Junge. Er hat mir sogar beim Aufräumen geholfen. Ganz reizend!" Ich schaue vorsichtig in die Wohnung, ob noch ein anderes Kind zu Besuch ist, aber Fehlanzeige. Die Mutter des Klassenkameraden meint wirklich meinen Rabensohn. Starr vor Erstaunen, wispere ich nur ein leises "Danke", packe Vorbildkind und Schulranzen und mache mich schnell aus dem Staub, bevor sie merkt, dass Mr. Hyde auch noch da ist. Als der erste Schock sich verzogen hat, denke ich. "Okay, das war dann eben mal eine Ausnahme. Sonst ist er frech, aufmüpfig und faul." Aber Fehlanzeige auch die Klassenlehrerin und die Nachmittagsbetreuerin schwärmen in den höchsten Tönen von meinem Sohn. Er sei so lieb und kreativ und hilfsbereit und fleißig und höflich und und und.... Auf dem Weg zur Schule verwandelt sich also Mr. Hyde tatsächlich in Dr. Jekyll.

Ich kann es kaum glauben, dass meine Erziehung anscheinend doch gefruchtet hat. Wenn nicht zu Hause, dann wenigstens in der Schule und wenn er bei jemandem zu Besuch ist. Bitte lieber Rabensohn, stell dir doch einfach vor, dass du bei uns nicht zu Hause bist, sondern, dass du die nächsten 12-14 Jahre einfach nur bei uns zu Besuch bist, und verhalte dich so. DANKE!

Dienstag, 19. November 2013

Notiz am Rande - Abgehört

Ich bin weder ein Fan der NSA noch gehöre ich dem Deutschen Bundesnachrichtendienst an, aber ich gestehe, letztens in der S-Bahn musste ich einfach mithören. Wenn es geht, vermeide ich öffentliche Verkehrsmittel. Ist einfach nicht so mein Ding. Und da wir mitten in der Stadt wohnen, bevorzuge ich das Fahrrad, meine eigenen Füße oder das Auto. Aber es gab keine Wahl, ich musste zum Flughafen und das ging nun mal am Besten mit der S-Bahn. Wie gesagt, gibt es Schöneres als sich mit wildfremden Menschen, wie die Sardinen in einen fahrbaren Wagen quetschen zu lassen. Aber da saß ich nun und war quasi gezwungen das Gespräch meiner Mitfahrer anzuhören. Ein weiterer Grund, warum ich nicht gerne öffentlich fahre. Man kann sich den Unterhaltungen der Anderen nur schwer entziehen. Mir gegenüber saßen zwei junge Menschen (Mann und Frau). Etwa 19 oder 20 Jahre alt. Die beiden unterhielten sich über ihr gerade begonnenes Studium und warum sie sich gerade für den von ihnen gewählten Studiengang entschieden haben. Nicht gerade sehr interessant. Aber dann mussten meine Rabenmutterohren doch genauer hinhören, denn die junge Frau sagt, sie hätte ja auch etwas anderes studieren können, um dann richtig Karriere zu machen. Aber sie habe sich für genau diesen Studiengang entschieden, da sie mal Kinder wolle und es dann ja sowieso so wäre, dass der Mann arbeiten geht und die Frau sich um Kinder und Haushalt kümmere. Ich dachte, ich höre nicht richtig. Wo hin ist die Emanzipation verschwunden? Klar, auch in meiner Generation gibt es noch viele Paare, sehr viele, die dieses Modell leben. Aber ich hatte doch die Hoffnung, dass sich das in der nächsten Generation ändern wird. Der junge Mann, mein Held des Tages, meinte: "Hallo, auch wir Männer wollen Kinder und uns um sie kümmern!". Darauf die junge Frau: "Ja, klar. Aber letztendlich bleibt doch eh alles an der Frau hängen!" Okay, ich gebe zu, sie hat ja Recht. Aber warum muss das denn so bleiben? Liebe zukünftige Mütter dieser Welt, ändert doch bitte was und traut den Männern ein bisschen mehr Verantwortung und Engagement zu. Anscheinend sind sie bereit dazu!

Mittwoch, 13. November 2013

Meine Nachbarin die Anneliese, sagt:



"Mädchen tragen rosa und Jungs blau. So gehört sich das!" Ach liebe Anneliese, wie sehr habe ich deine Kommentare vermisst. Du warst ein paar Tage mit Rudi und Hans-Werner in der Eiffel - Urlaub machen. Auf dem Campingplatz. Da fahrt ihr schon seit 30 Jahren hin. Und im Winter ist da so gut wie nix los. Nee, wat is dat schön. Und jetzt bist du wieder da und kannst es nicht lassen an der Kleiderwahl meiner Kinder rum zu kritisieren.

Kurz zur Erklärung: Rabenmutter hat einen Sohn und eine Tochter. Rabensohn ist sechs, Rabentochter drei. Und da Rabenmutter nun mal "nachhaltig" agiert, muss Rabentochter eben Rabensohns Kleidung auftragen. Natürlich nicht alles. Auch ich ziehe meine Grenzen und so kommen absolute Jungenshirts oder Hosen nicht in Rabentochters Kleiderschrank. Aber die ein oder andere Jeans, ein T-Shirt oder eben auch eine Übergangsjacke, die finden sich schon, im sonst recht mädchenhaft gehaltenem Schrank. Und so kam es, dass ich mit meiner Tochter vor kurzem Anneliese im Hausflur begegnet bin. Rabentochter in Jeans und blauer Steppjacke. Und die liebe Anneliese fragt den "Kleinen Mann" nach seinem Befinden! Ich hab es geflissentlich überhört, aber nachdem meine Nachbarin meine Tochter noch mal mit "kleiner Junge" angesprochen hat, empörte ich mich doch ein wenig und wies sie zurecht, dass dies nicht mein Sohn, sondern meine Tochter sei. Es ist nun wirklich nicht so, dass meine Tochter als Junge durchgeht. Sie hat halb lange Haare und trägt am liebsten Kleider. Nur heute eben nicht. Zudem nicht rosa, sondern blau. Nach Annelieses Meinung eine Jungenfarbe. "Ach, das kann man doch gar nicht erkennen, wenn Sie Ihre Tochter immer wie einen Jungen anziehen!" Echauffierte sich die gute Anneliese. Und dabei war es doch Anfang des letzten Jahrhunderts noch umgekehrt und rosa war die Farbe für die Jungs. Aber eben heute nicht mehr, obwohl ich finde, dass diese Farbe vielen Männern sehr gut steht und weder mein Vater, noch mein Mann oder mein Sohn sind homosexuell. Auch wenn sie rosa tragen. Ganz im Gegenteil... Aber zurück zu Anneliese. Sie hat uns zur Geburt unserer Tochter einen rosapinken Plüschoverall mit Blumen und Schmetterlingen geschenkt. Der schrie geradezu: "Ich bin ein Mädchen!" Meine Tochter hat das Teil allerhöchstens zweimal angehabt, da sie damit wie ein kleines Ferkelchen aussah. Und ich es vorgezogen habe, sie dann schon lieber als Jungen durchgehen zu lassen.

Ich finde diese ganze geschlechterspezifische Farbzuordnung sowieso total spießig. Klar auch ich mag rosa und lila, aber meine Lieblingsfarbe ist blau. Und so ziehe ich mich eben auch an. Und das was man selbst mag, gibt man an seine Kinder weiter. Und so dominiert die Farbe Blau in den Kinderkleiderschränken. Nur auf die tägliche Auswahl der Klamotten habe ich schon lange keinen Einfluss mehr. Da haben die beiden längst ihren eigenen Kopf und ihren eigenen Geschmack sowieso. Ich greife nur ein, wenn es gesundheitlich bedenklich, also Sandalen im Winter, oder geschmacklich so daneben ist, dass ich es einfach nicht ertragen kann (kariertes Hemd zu karierter Hose, brrr). Ansonsten dürfen sie selbst wählen, ob sie jetzt rosa, blau, grün oder rot anziehen wollen. Und ich finde es wirklich schade, dass mein Sohn seine lila Unterhose jetzt nicht mehr anziehen will, da er von einem anderen Jungen beim Sportunterricht ausgelacht wurde. Es gibt also auch unter den Eltern, die ein oder andere Anneliese. Und deswegen lasse ich Anneliese im Hausflur mit einem knappen Gruß stehen und mache mich davon. Insgeheim wünsche ich ihr, dass sie Hans-Werner beim nächsten Shopping-Trip mal ein farbiges Hemd mitbringt und nicht immer dieses grützegrün und kackbraun. Hans-Werners Leben wäre ein bisschen rosaroter und auch Annelieses Welt würde ein bisschen bunter werden. Und sie könnte die Nase aus meinen Kinderkleiderschränken raushalten.