Donnerstag, 23. April 2015

Ich hasse Kindergeburtstage



Es ist mal wieder so weit - Rabensohn hat Geburtstag! Und ich schäme mich. Mit meinem kläglich vorbereiteten Geburtstagstisch. Keine Girlanden, keine Fanfaren, keine 1000 Geschenke… Und auch der Geburtstagskuchen ist Standard: Schokorührkuchen mit bunten Streuseln. Und die Kerzen musste ich von Rabentochter klauen, da ich wieder mal vergessen hatte, welche zu kaufen. Furchtbare Rabenmutter. Wenn ich mir da andere Freundinnen anschaue, was die alles auffahren, wenn die Liebsten Geburtstag haben, dann schäme ich mich noch mehr. Ich kann das einfach nicht. Ist mir auch irgendwie nicht so wichtig. Gebe ich ja zu. Klar ist es schön, jemandem zum Geburtstag eine Freude zu machen, alles liebevoll zu verpacken und hier noch ein Gimmick und da noch ein Gimmick. Ich will's den Kindern ja auch schön machen. Soll ja auch schön sein, der Geburtstag. Aber ich kann's einfach nicht. Ist ja nicht so, dass ich mich nicht bemühe. Muffins, Schokokuchen, Zimtschnecken, alles Handarbeit. Aber mit der Deko will es einfach nicht klappen. Und was soll ich sagen: Rabensohn hat's null gejuckt. Der freut sich einfach nur über seine Geschenke und dass er heute Mittag mit seinen Buddys Fußball spielen kann. Ohne viel Deko!

Und wann fing das eigentlich an, dass die Kinder bei Einladungen zu Geburtstagsfeiern mit mehr Geschenken zurückkamen, als sie losgezogen sind. Da werden Taschen voll Gummibärchen, Radiergummi, Haarschmuck, Malbücher, T-Shirts, Spielzeug und was weiß ich noch alles nach Hause geschleppt. Das setzt mich unter Druck. Muss das so sein? Ich entscheide NEIN. Und ganz ehrlich, das ist nicht das, was ich meinen Kindern vermitteln will. 1) Du schenkst was, also bekommst du auch was geschenkt. 2) Geburtstage sind für die Geschenke da. Klar sind die Geschenke wichtig. Aber es muss sich doch im Rahmen halten. Und schenken soll man von Herzen und nicht weil man eine Gegenleistung erwartet. In diesem Sinne gibt es heute zwar eine kleine Tüte mit drei Gummibären und einem Bleistift. Denn ehrlich gesagt, so ein bisschen habe ich das Gefühl ich muss mich dem Druck beugen. Und ach was soll's: Kommt ja von Herzen.

P.S.: Es war ein wunderschöner, entspannter Tag. Mein Sohn hatte die geniale Idee seinen Geburtstag auf die Wiese zu verlegen und mit ein paar Jungs zu kicken. Die Jungs hatten Spaß, mein Sohn war glücklich und so war ich es auch. Der nächste Kindergeburtstag kann kommen - ich bin bereit!!

Freitag, 3. April 2015

Die guten alten Zeiten

Neulich schaute sich Rabensohn auf unserem digitalen Fotorahmen (der quasi nie im Einsatz ist!, ist ja sicher auch schon wieder unmodern) Fotos von einem Urlaub in Italien 2011 an. Rabentochter war damals knapp ein Jahr, Rabensohn 4 1/2. Aus tiefster Brust entsprang Rabensohn plötzlich ein großer Seufzer: "Ach ja, die guten alten Zeiten!" Dieser eine Satz aus diesem noch so jungen Mund mutet komisch an. Und das in doppelter Hinsicht: Klingt er doch ein bisschen altklug aus dem Mund eines Siebenjährigen. Okay, fast acht. Zum anderen frage ich mich, was ein fast Achtjähriger denn an seiner Zeit auszusetzen hat, dass er sich jetzt schon nach den guten alten Zeiten sehnt? Und war früher wirklich alles besser? Für meinen Sohn ist früher gerade mal vier Jahre her, für mich 40. War denn damals alles besser? Das denke ich manchmal schon.

Waren die Kinder weniger anstrengend? Waren die Eltern weniger von Sorgen um das Wohl des Kindes geplagt? Waren die guten alten Zeiten besser? Sie waren anders. Das ist unstrittig. Wie war es, als ich Kind war? Ich denke schon, dass ich mich besser alleine beschäftigen konnte, als meine beiden Rabenkinder. Ich musste nicht den ganzen Tag bespasst werden und laaaaaangweilte mich auch nicht so wahnsinnig schnell. Aber ich mache meinen Kindern keinen Vorwurf, dass sie so sind, wie sie sind. Werden sie doch in Ganztageskitas und Ganztagsschulen den ganzen Tag beschäftigt. Sogar pädagogisch wertvoll. Aber immer auch einem Lärmpegel ausgesetzt, der einen irgendwann nur noch wie einen Duracellhasen durch die Gegend springen lässt, weil man nicht mehr abschalten kann. Und wir Erwachsenen tun noch das unsere dazu. Wörter wie gleich, schnell, mal kurz, eben noch… hören unsere Kinder doch ständig. "Ich muss noch eben meine Mails checken.", "Ich muss noch schnell telefonieren!", "Ich muss noch kurz dies oder das oder jenes!". Abschalten. Runterkommen. Fast unmöglich. Früher kam ich um 12 Uhr aus der Schule, dann gab es Mittagessen und während Mama die Küche aufräumte, machte ich Hausaufgaben oder spielte in meinem Zimmer. Danach ging es raus auf die Straße zum Spielen oder zu Nachbarskindern. Fernsehen gab es sowieso nicht. Gab ja nur drei Programme - und wer wollte schon Telekolleg anschauen? Und irgendwie verlief auch der Abend etwas ruhiger als heutzutage. Die Rabenkinder drehen oftmals abends noch so richtig auf und es wird getobt, was das Zeug hält. Woher nehmen sie nur diese Energie? Immer unter Strom. Sowie die meisten Geräte in unserem Haushalt. Immer Angst, etwas verpassen zu können. So wie die meisten meiner Freunde und Kollegen (ich nehme mich da nicht aus) - immer online. Bloß keine News verpassen.

Früher war es weniger anstrengend. Da bin ich sicher. Meine Eltern, wie sicherlich die meisten Eltern dieser Generation, haben sich weniger Gedanken darüber gemacht, was die beste Erziehung und Förderung ihrer Kinder ist. Kaum einer hat doch damals darüber nachgedacht, dass es schädlich für die Bindungsentwicklung ist, ein Baby schreien zu lassen. Unsere Großmütter waren sogar der Meinung, das Schreien kräftigt die Lungen. Heutzutage können wir jeden kleinsten Pups des Kindes googeln, und irgendein selbsternannter Sigmund Freud erzählt uns, was wir unseren Kindern durch dieses und jenes Verhalten antun. Auf unser Bauchgefühl verlassen wir uns doch schon lange nicht mehr. Es gibt doch Professor Doktor Google, der uns sagt, was wir alles falsch machen. Gut früher galt auch der Spruch: " Ein kleiner Klaps hat noch niemandem geschadet." Ich sag ja auch nicht, dass früher alles besser war. Aber ich denke, vieles war einfacher, weil man nicht so viel Informationen hatte wie heute. Und gerade diese Flut an Informationen, was ist gut für mein Kind, wie soll es schlafen, essen, spielen, wann soll es sprechen, laufen, schreiben, lesen… diese Flut überfordert uns. Wie sollen wir denn da noch wissen, was jetzt wirklich gut für unser Kind ist? Klar, früher gab es auch die Besserwisser-Muttis, die überm Gartenzaun hingen und die Nachbarskinder beäugt haben und sich dann bei Mama über einen beschwert haben. Aber heute wird bei Streitigkeiten nicht mal mehr der direkte Kontakt gesucht. Da wird über What's App, über den Schulleiter und im schlimmsten Fall sogar gleich über den Anwalt kommuniziert, dass mein Goldschätzchen ihrem Goldschätzchen das Schäufelchen weggenommen hat.

Meine Eltern haben bestimmt viel falsch gemacht. Ganz sicher. Denn es gab keine Kurse fürs Elternsein. Aber meine Eltern haben auch wahnsinnig viel richtig gemacht. Denn sonst wäre ich heute nicht der Mensch, der ich bin. Und ich mag mich eigentlich ziemlich gern. War früher also doch alles besser? In den guten alten Zeiten? Ja, auch ich sehne mich manchmal nach den guten alten Zeiten zurück. Aber ich lebe jetzt und ich habe jetzt Kinder, die es gilt zu selbstbewussten, glücklichen Menschen zu machen. Deswegen verbrenne ich jetzt alle Ratgeber, lösche Google als Startseite und storniere den Elternkurs. Ich höre auf mein Herz und vertraue auf meinen Instinkt. Und dann darf Rabensohn in 40 Jahren gerne sagen: "Ach ja, die guten alten Zeiten!"

Ich - in den guten alten Zeiten!