Vor diesem Anruf haben die meisten arbeitenden Mütter Angst: "Können Sie bitte Ihren Sohn abholen. Er klagt über Bauchschmerzen!" Ne, passt jetzt leider gar nicht, ich bin noch in der Probezeit! War mein erster Impuls. Mein zweiter Impuls ließ mich den Computer ausschalten, meinem Chef Bescheid geben, zum Auto hetzen, die Strecke ohne Unfall überstehen und ein blasses Häuflein Etwas in die Arme schließen. Probezeit hin oder her, das Kind ist krank! Jetzt heißt es ran ans Doping. Natürlich nur mit natürlichen Mitteln, Rabenmutter hin oder her! Also Tee kochen, Wärmekissen aufs Bäuchlein, Zwieback und geriebener Apfel, vielleicht ein paar leicht gesalzene Nudeln. Und dann ab ins Bett und ausruhen. Bitte Kind, sei am nächsten Tag einfach wieder gesund.
Das sind die Momente, wo ich die Vollzeitmütter und "Nur-Hausfrauen" beneide. Egal, ob das Kind Bauchschmerzen, Halsschmerzen, Ohrenschmerzen oder sonst was hat. Mama ist ja da, zu Hause. Kein Abgabetermin des nächsten Textes. Kein Meeting. Kein Script, welches fertiggestellt werden muss. Nein, einfach nur Mama. Ja, ich gebe es zu, ich bin neidisch auf diese Mütter, die sich den in meinem Augen Luxus leisten nicht arbeiten zu gehen. Und dann denke ich so bei mir: "Ja, das hätte ich auch gerne! Den ganzen Tag zu Hause und immer da für die Kinder". Ja, warum mache ich das dann nicht? Scheiß doch auf die zusätzliche Kohle und das bisschen Anerkennung. Die ganzen Biochemikerinnen, reisefreudigen Journalistinnen, hoch dotierten Managerinnen machen es doch auch. Bekommen ein bis vier Kinder und kümmern sich um Mann und Haus. Aber ist es wirklich das, was ich will?
Ich will, wie so viele arbeitenden Mütter irgendetwas dazwischen. Ich will arbeiten, ich will mein eigenes Geld verdienen und mich nicht komplett von meinem Mann abhängig machen. Ich bin wirklich kein pessimistisch denkender Mensch, aber ich finde diese Denkweise "Ich gebe für meine Kinder alles andere auf" ziemlich naiv und kurzfristig gedacht. Was ist, wenn der Mann geht? Wenn er eine Jüngere, eine Interessante, eine Tollere findet? Dann bleibt nichts! Ich will den Teufel nicht an die Wand malen, aber eine Trennung - das kann jeden treffen. Ich will auf eigenen Beinen stehen, ich will für meine Rente vorsorgen, ich will im Notfall auch alleine klarkommen. Das ist einer der Gründe, warum ich arbeiten gehe. Der andere ist: Es macht mir Spaß! Aber regelmäßig mache ich mir ein schlechtes Gewissen. Und ehrlich, es wird mir auch von der Gesellschaft regelmäßig gemacht, das schlechte Gewissen. Weil meine Kinder den ganzen Tag in der Schule bzw. Kita fremd betreut werden. Und ich mich nicht um sie kümmere.... Und gerade dann, wenn ein Kind krank ist, ist es besonders bitter. Lieber wäre ICH bei ihnen. Ohne mir Sorgen machen zu müssen, wie das jetzt im Job ankommt. Lieber würde ICH ihnen das Händchen halten und nicht Oma. Und in diesem Moment wäre ich lieber Vollzeitmama mit der Garantie auf Vollzeitglück und volle Rente.
P.S.: Ich habe mal die gefragt, die meine Berufstätigkeit am Meisten betrifft: meine Kinder. Ich wollte wissen, ob sie glücklich sind. Und als Antwort tönte es einstimmig: "Ja Mama, wir haben glücklich!" :-)