An einem schönen sonnigen Samstagvormittag zog es uns in die
Stadt. Fröhliche Kinder, lachende Menschen, Frieden lag in der Luft. Ich
schlenderte mit meiner Familie über den Markt, als ich plötzlich große Lust auf
Erdbeeren bekam. Ich hielt meine Augen offen und da sah ich sie: Saftige rote
Früchte, die mich anblickten und mir zuriefen: Iss’ mich!
Abrupt blieb ich vor
dem Stand stehen und sagte zu meinem Mann: „Ich will Erdbeeren!“. Fragend sah
er mich an, dann erwiderte er: „Welche Erdbeeren denn?“, „Na diese da. Die
Roten“ Ich zeigte mit ausgestrecktem Zeigefinger auf die roten Früchte, die
direkt vor meiner Nase lagen. Mein Mann klärte mich auf: „Aber Schatz, das sind
Himbeeren!“. „Nein, das sind Erdbeeren“ beharrte ich, „und die will ich jetzt
haben“. Geduldig versuchte mein Mann mir zu erklären, dass Erdbeeren größer
sind und kleine grüne Punkte haben und oben so etwas wie ein kleines
Grasbüschel rausguckt. „Ich will jetzt aber Erdbeeren“, meine Stimme befand
sich schon in den oberen Oktaven. Mein Mann aber blieb ruhig. „Schatz, ganz
ehrlich, das sind Himbeeren. Die schmecken ganz anders wie Erdbeeren. Die
Erdbeerzeit ist vorbei. Ich verspreche dir, dass wir sofort nächstes Jahr, wenn
es wieder Erdbeeren gibt, welche kaufen.“ „Ich will aber JETZT Erdbeeren!“, ich
war nicht von meinem Wunsch abzubringen und stampfte wütend mit dem Fuß auf den
Boden. „Komm’ Schatz,“ mein Mann versuchte mich sachte vom „Erdbeer“-Stand
wegzuziehen „lass uns weiter gehen!“. „Ich will aber Erdbeeren!“. So langsam
sah ich die Panik in seinen Augen. Einige Leute hatten sich schon nach uns
umgedreht und man konnte deutlich in ihren Gesichtern lesen: Hat der Mann etwa
seine Frau nicht im Griff!
Sanft packte mein Mann mich am Arm und versprach mir: „Komm’
wir schauen mal, ob wir noch einen Stand finden, der Erdbeeren hat.“
Widerwillig ließ ich mich mitziehen. Aber meine Neugier war einfach zu groß.
Vielleicht bekam ich ja jetzt endlich meine Erdbeeren. Mein Mann hoffte
natürlich, da die Erdbeerzeit ja schon vorbei war, dass wir uns ohne weitere
Probleme auf den Heimweg machen konnten. Doch da hatte er die Rechnung ohne
mich gemacht, denn am letzten Stand auf dem Markt entdeckte ich sie: meine
Erdbeeren. Laut schrie ich: „Da, da sind Erdbeeren. Ich will Erdbeeren!“.
Ungläubig starrte mein Mann auf die roten Früchte vor uns. Tatsächlich,
Erdbeeren. „Aber Schatz, die sind viel zu teuer. Die kaufe ich nicht!“ „Ich
will aber Erdbeeren. Du hast gesagt, ich bekomme Erdbeeren!“ ich kreischte
förmlich. Noch behielt mein Mann die Fassung und versuchte mich mit sonorer
Stimme zu beruhigen: „Ich habe gesagt, dass du nächstes Jahr Erdbeeren
bekommst. Und jetzt komm bitte weiter, wir wollen nach Hause.“ „Ich will aber
Erdbeeren. Du hast es versprochen!“ Erste Tränen kullerten meine Wangen
hinunter. „Nein, komm jetzt!“ langsam ließ die Geduld meines Mannes nach. „Ich
will jetzt sofort Erdbeeren. Nie, nie, nie bekomme ich Erdbeeren!“ Jetzt schrie
ich. „Wenn du so weiter machst, dann bekommst du sowieso keine Erdbeeren. Und jetzt
komm endlich und hör auf mit dem Theater.“ Langsam überschlug sich die Stimme
meines Mannes, ihm wurde heiß und kalt, weil er merkte, dass die Blicke der
umstehenden Passanten an ihm haften blieben. Er packte mich am Arm und
versuchte mich fortzuziehen. Ich riss mich los, warf mich auf den Boden und
heulte herzerweichend: „Ich will jetzt aber unbedingt Erdbeeren!“ Mein Mann
schrie mich darauf hin an: „Nein, verdammt noch mal, du magst doch überhaupt
keine Erdbeeren. Und ich kaufe dir auch keine. Diese hier sind sowieso
schweineteuer. Das kann ich mir gar nicht leisten!“ Heulend lag ich auf dem
Boden, mein Gesicht zornesrot, dicke Tränen kullerten über meine Wangen und ich
schrie aus vollem Halse: „Nie bekomme ich das, was ich will. Ich will jetzt
Erdbeeren!“
Einige Marktbesucher liefen kopfschüttelnd und tuschelnd an
uns vorbei. Eine ältere Dame zupfte meinen Mann am Ärmel und tadelte ihn:
„Jetzt kaufen Sie ihr doch die Erdbeeren, wenn sie sie so gerne möchte.“ (Pädagogisch absolut daneben. Mach’ viel
Alarm, dann bekommst du letztendlich das, was du willst...) Mein Mann
reagierte nicht, sondern war mehr damit beschäftigt mich davon abzuhalten,
meinen Kopf auf den harten Asphalt zu schlagen. Wie in Trance schrie ich immer
wieder: „Ich will Erdbeeren. Ich will Erdbeeren. Ich will jetzt Erdbeeren. Kauf
mir Erdbeeren!“ Damit die liebe Seele (und die, inzwischen zahlreichen
Schaulustigen, die rund um meinen Mann und mich eine Traube gebildet hatten)
endlich ihre Ruhe hatte, griff mein Mann in seine Tasche, zog einen Fünfeuroschein
heraus und kaufte eine Schale Erdbeeren. Während ich mir Rotz und Tränen an
meinem neuen T-Shirt abtrocknete, grinste ich meinen Mann frech an, schnappte
mir eine Erdbeere und steckte sie mir in den Mund. In hohem Bogen flog die
Beere wieder raus: „Ihh, ich mag keine Erdbeeren!“
P.S.: Üblicherweise läuft diese Situation unter Erwachsenen
folgendermaßen ab: „Schatz ich will Erdbeeren!“, „Aber die Erdbeerzeit ist doch
schon vorbei!“ „Oh, schade. Na, dann eben nächstes Jahr wieder. Wollen wir
Äpfel kaufen?“ Aber nicht so eben mit Kindern. Und immer kann man einfach nicht
standhalten... Und dennoch liebe Mütter dieser Welt, meistens sollte man eine
Rabenmutter sein und standhaft bleiben, scherrt euch nicht um die anderen
Leute. Auch wenn ihr vor Scham im Boden versinken wollt. Denkt dran: Die waren
auch alle mal Kinder oder Mütter. Oder beides.
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