Was hat ein Stein mit meinem
Erziehungsstil zu tun?
Kinder lieben Steine. Beim Spazierengehen kann man das ganz
gut beobachten. Alle paar Meter wird sich gebückt und ein Stein vom Boden
aufgehoben, die Hosen- und Jackentaschen quellen über mit den Fundstücken der
Natur. Große, kleine, dicke, dünne, hässliche, glatte, dreckige, eckige – die
Form der Steine ist so vielfältig, wie die Charaktere unserer Kinder. Deswegen
soll dieser Beitrag ein Stein des Anstoßes sein – nämlich darüber, wie ich
meine Kinder erziehe und wie ich mit ihnen umgehe. Viel öfter sollten wir den
Mut finden, die Welt – diese steinharte Welt – mit den Augen der Kinder zu
sehen. Was kann man nicht alles Tolles mit einem Stein anstellen? Mit einer bemerkenswerten
Ausdauer versuchen schon die Kleinesten ihre Steine übers Wasser hüpfen zu
lassen und löchern uns mit Fragen, wie das überhaupt sein kann, dass die Steine
nicht sofort untergehen. Nicht jeder Stein ist dafür geeignet, er muss schon
eine ganz besondere Form haben. So, wie nicht jedes Kind schon mit neun Monaten
die perfekten ersten Wörter beherrscht oder mit einem Jahr laufen kann. Und
nicht jedes Kind ist ein Mathegenie oder ein begnadeter Musiker. Aber manche
sind es eben – genau wie manche Steine bis zu zwölfmal oder mehr übers Wasser
hüpfen können.
Mit Steinen kann man tolle Sachen bauen, Mauern oder
Staudämme zum Beispiel. Und besonders viel Spaß macht es, wenn man die Mauern
und Staudämme einreißt und alles ins Rollen und Fließen gerät. Das passiert uns
auch mit unseren Kindern. Wut staut sich auf und sie lassen uns nicht hinter
ihre Fassade, also Mauer schauen. Wir wissen gar nicht, was mit Ihnen los ist.
Oft werden wir dann auch hart wie Stein und sind genervt, weil unsere Kinder
nicht so „funktionieren“, wie wir uns das gerade vorstellen. Aber es lohnt
sich, wenn wir Stein für Stein abtragen und die Wut oder Enttäuschung zum
Fließen oder Rollen bringen. Denn nur, wenn wir auf unsere Kinder eingehen und
sie verstehen, dann sind wir für sie auch ein Fels in der Brandung.
Aber Steine können noch viel mehr. Ihnen werden heilende
Kräfte zugesprochen. Großer Beliebtheit erfreut sich die Hot-Stone-Massage. Sie
ist vielleicht weniger für unsere Kinder geeignet, sondern gibt eher uns
Müttern die nötige Kraft und Ruhe, die so ein Stein ausstrahlt. Auch glauben
wir ganz fest daran, dass der richtige Stein uns Glück bringt. Fast jeder hat
doch schon mal einen Stein vom Boden aufgehoben, in die Tasche gesteckt und
einen Wunsch dabei formuliert. Nur leider denken wir dann oft nicht mehr dran
und der Glückstein findet sich erst wieder, wenn er die Waschmaschine
verstopft. Kinder glauben aber noch daran, dass der Stein sie vor Gefahren
schützt und ihnen Kraft gibt, schwierige Situationen bedenkenlos zu meistern.
Und dieses Vertrauen sollten sie auch in uns haben. Dazu gehört meiner Meinung
nach aber auch Erziehung. Ich bin nicht dafür, die Kinder zu kleinen
Erwachsenen zu erziehen und ihnen alles zu verbieten, was eben das Kind sein
ausmacht. Herumtoben, laut reden und lachen, auch wenn man sich gerade im
Museum befindet, klettern, anfassen, ausprobieren und expimentieren. Aber wir
leben nun mal in einer Gesellschaft, in die man sich irgendwie einfügen sollte
und dazu gehören auch gewisse Regeln und Verhaltensweisen, die die Kinder
lernen sollten. Und hier fängt bei m
ir die Erziehung an. Wertevermittlung, soziales Miteinander,
aber auch eine gesunde Portion Egoismus und Antrieb, das Beste aus seinem Leben
zu machen. Und so können wir unsere Kinder formen, wie die Natur die Steine
formt. Und da hat jeder seinen eigenen Weg gefunden. Wasser bringt andere
Formen zustande, als ein Erdrutsch.
Deswegen lasst doch einfach eure Vergleiche, wessen Kind
schon was kann und wie viel Fernsehen oder Süßigkeiten ein Kind darf. Erziehung
ist auch Sammeln von Erfahrungen, erfordert sehr viel Kraft und Geduld und oft
macht man als Mutter oder Vater sicher auch Fehler. Doch genau das gehört eben
auch zum Leben dazu. Deswegen: Wer im Glashaus sitzt, der sollte nicht mit Steinen
schmeißen!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen